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Lebensversicherungen widerrufen? – BGH ebnet den Weg

Im Gegensatz zu der Begrenzung des Widerrufsrechts bei Darlehensverträgen (wir berichteten) hat der Gesetzgeber das Widerrufsrecht für die Lebensversicherungsverträge nicht auf ein fixes Datum festgelegt. Vielmehr sah das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Par. 5a a.F. vor, dass das Widerrufsrecht nach Ablauf von einem Jahr ab Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlosch. Diese Fristenregelung hat der Bundesgerichtshof (BGH) gekippt.

Lebens- und Rentenversicherungen „fristfrei“

Der BGH hat entschieden, dass für Lebens- und Rentenversicherungen die gesetzlich vorgesehene Frist nicht gilt. Für die Versicherungskunden bedeutet diese Rechtsprechung, dass noch heute Versicherungsverträge, die vor dem 01.01.2008 abgeschlossen wurden, widerrufen werden können. Das hat zur Folge, dass alle gezahlten Beiträge zurückerstattet werden müssen gegen Anrechnung einer angemessenen Prämie für den Versicherungsschutz, den der Kunde während der Laufzeit der Versicherung genossen hat.

Die Zeitschrift „Finanztip“ bezieht sich beim Umfang der betroffenen Verträge auf eine Schätzung der Allianz: bis zu 108 Millionen Versicherungsverträge mit einem Gesamtvolumen von 400 Milliarden Euro könnten betroffen sein.

 

Widerruf u.U. mit steuerlichen Folgen

Wo ein solcher Widerruf erfolgt und die Versicherungsbeiträge in den Vorjahren steuermindernd bei der Steuererklärung Berücksichtigung gefunden hatten, müssen die insoweit gezogenen Steuervorteile bei einem Widerruf an das Finanzamt zurückgezahlt werden.

Gleichwohl kann sich ein Widerruf Ihres Lebens- oder Rentenversicherungsvertrages „rechnen“. Bei „Altverträgen“ sollte man prüfen, ob deren Auszahlung nicht steuerbegünstigt sein kann; ob ihr Versicherungsvertrag eine steuerfreie Auszahlung noch ermöglicht sollte vor Ausübung des Widerrufsrechts geprüft werden.

 

Versicherung schon abgelöst oder ausgezahlt?

Wurde die Versicherung in der Vergangenheit bereits ausbezahlt, so mussten Versicherte laufzeitabhängig Abschläge in Kauf nehmen. Erklärt der Versicherungsnehmer jetzt den Widerruf, so sind alle empfangenen Leistungen auf beiden Seiten zu saldieren. Aus dieser Neuberechnung ergibt sich in vielen Fällen ein „Guthaben“ des Kunden.

Eine vertraglich vereinbarte Mindestlaufzeit spielt dabei ebenso wenig eine Rolle wie eine bereits erfolgte Auszahlung; auch in diesen Fällen ist ein Widerruf noch (nachträglich) möglich.

Diese Option ist für Versicherungskunden, die ihr Geld aus der Versicherung brauchen ebenso attraktiv, wie für die Kunden, die ihr Geld in Zeiten niedrigster Zinsen bzw. „Strafzinsen“ lieber anderweitig investieren wollen.

Bei Fragen rund ums Recht – wir beraten Sie gerne!

 

 

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