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Verjährt ist nicht immer gleich verjährt!

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer am 02.07.2015 verkündeten Entscheidung (Aktenzeichen III ZR 149/14) seine bisherige Rechtsprechung noch einmal bestätigt und diversifiziert, wonach Schadensersatzansprüche von Anlegern, die auf verschiedene Aufklärung- oder Beratungsfehler gestützt werden, hinsichtlich der Verjährung dahingehend zu beurteilen sind, wann für jede einzelne Pflichtverletzung die Verjährung zu laufen begonnen hat.

Im streitgegenständlichen Fall, den der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte, hatte die Vorinstanz (hier Kammergericht Berlin) die Klage eines Anlegers auf Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds zunächst mit der Begründung abgewiesen, der Anleger habe aus Rechenschaftsberichten der Fondsgesellschaft spätestens seit dem Jahr 2006 wissen müssen, dass der Fondsprospekt fehlerhaft und unvollständig war und die streitgegenständliche Beteiligung nicht für die Altersvorsorge geeignet sei.

Nachdem das Kammergericht die Klage auch wegen des fehlenden Hinweises auf die eingeschränkte Handelbarkeit (Fungibilität) der Beteiligung abgewiesen hatte, hob der Bundesgerichtshof das Urteil zugunsten des Anlegers auf. Der BGH begründet seine abweichende Rechtsauffassung zugunsten des Anlegers unter Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung (Aktenzeichen III ZR 81/10, III ZR 186/10) damit, dass die Lektüre des Rechenschaftsberichtes für das Jahr 2006 dem Anleger zwar vermittelte, dass die von ihm gezeichnete Beteiligung nicht uneingeschränkt für die Altersvorsorge geeignet sei und insofern ein –zu unterstellender- Aufklärung- bzw. Beratungsfehler vorgelegen habe.

Nach der Rechtsprechung des BGH beginnt die Verjährung jedoch nicht einheitlich, wenn ein Schadensersatzanspruch auf mehrere verschiedene Aufklärungsfehler gestützt wird und wenn bezüglich nur eines Fehlers die Kenntnis des Anlegers oder grobfahrlässige Unkenntnis vorliegt (vgl. BGH III ZR 169/08, III ZR 81/10).

Der BGH stellt ferner klar, dass der Vorwurf der fehlerhaften Aufklärung über die Eignung der Anlage der Altersvorsorge einerseits und der Vorwurf der unterbliebenen Aufklärung über die eingeschränkte Handelbarkeit (Fungibilität) der Beteiligung andererseits sich nicht zu einer (verjährungsrechtlichen) Einheit zusammenfassen lassen.

Die weitere Begründung des BGH ist für eine Vielzahl von Anlegern von Bedeutung, wenn sie erst später von einem möglicherweise weitere Beratungsfehler Ihres Anlageberaters oder von einem Prospektfehler der Beteiligung erfahren. Der BGH greift in diesem Fall konkret die Eignung zur Altersvorsorge auf der einen Seite und die eingeschränkte Fungibilität auf der anderen Seite heraus. Dabei gesteht der BGH dem Anleger auch zu, dass er sich selbst bei ursprünglicher Planung, eine Kapitalanlage für die Altersvorsorge zeichnen zu wollen, später umentscheiden darf:

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist grundsätzlich auch bei Anlagen, die der Altersvorsorge dienen, über eine, in Ermangelung eines entsprechenden Markts, eingeschränkte Fungibilität von Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds aufzuklären. Die praktisch fehlende Aussicht, eine Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds zu angemessenen Konditionen verkaufen zu können, ist ein Umstand, der für den durchschnittlichen Anlegern für seine Anlageentscheidung von erheblicher Bedeutung ist. Die Bedingungen, zu denen ein Anleger auch auf langfristig festgelegtes Geld vorzeitig zurückgreifen kann, sind typischer Weise ein wesentliches Element seiner Investitionsentscheidung. Dies gilt auch für Anlagen, die der Alterssicherung dienen sollen. Auch in diesen Fällen kann ein vorzeitiges Bedürfnis entstehen, die festgelegten Vermögenswerte liquide zu machen, wie etwa bei Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, krankheitsbedingtem Verlust der Erwerbsfähigkeit oder auch nur eine Änderung der Anlageziele.

 

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