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3:0 für #RichtigMosern – Rechtsschutzversicherer verliert dritten Prozess in Folge

Der „Rechtsschutz-Regress-Reflex“ ist in der juristischen „Community“ umstritten. Rechtsschutzversicherer geben ihren rechtsschutzversicherten Mandanten, meist auf Anfrage der mit der Durchsetzung eines Anspruchs beauftragten Rechtsanwälte, sogenannten „Deckungsschutz“. Wenn die Prozesse – aus welchen Gründen auch immer – am Ende des Tages doch verloren gehen, zahlt der Rechtsschutzversicherer die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren der Rechtsanwälte beider Parteien. Soweit nichts besonderes, mochte man meinen.

Rechtsschutzversicherung prüft nicht…?

In dem dritten, sachlich in Zusammenhang stehenden Klageverfahren, macht der Rechtsschutzversicherer Schadensersatz gegen meinen Mandanten, einen Anwaltskollegen, geltend. Die Versicherung behauptet, mein Mandant habe seine rechtsschutzversicherten Klienten nicht ausreichend über die Rechtslage und die mit der seinerzeitigen Klageerhebung in einem komplizierten gesellschaftsrechtlichen Haftungskomplex aufgeklärt. Ferner behauptet die Versicherung, die von meinem Kollegen geführten Gerichtsverfahren gegen den Haftpflichtversicherer, einer in Insolvenz gefallenen Treuhandgesellschaft seien von vornherein aussichtslos gewesen.

Dies behauptet die klagende Rechtsschutzversicherung obschon jener Kollege eine wegweisende und mittlerweile vielzitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Haftung der Treuhandgesellschaft erreicht hatte (BGH II ZR 9/12 vom 09.07.2013) und zudem die Rechtsschutzversicherung den Sachverhalt und die entgegenstehende Rechtsprechung des damals zuständigen Landgerichts und Oberlandesgerichts in Köln (am Sitz der Haftpflichtversicherung) kannte. Die Rechtsschutzversicherung schien einen einfachen Weg gefunden zu haben, sich gegenüber den versicherten Mandanten als großzügige Versicherung darstellen zu können,- man gab in allen Verfahren Deckungsschutz bis zur Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof – und zugleich bei ausbleibendem Erfolg im Vorprozess, sich die Kosten beim damals tätigen Rechtsanwalt wieder zu holen.

unsäglicher Regress-Reflex

Dabei behauptete die Rechtsschutzversicherung auch, dass sie zur Erteilung einer Deckungszusage in den Vorprozessen quasi verpflichtet gewesen sei, die Erfolgsaussichten aber gar nicht selbst geprüft habe und auch gar nicht hätte prüfen können, Damit argumentiert die Rechtsschutzversicherung im Sinne des von mir kritisierten „Regress-Reflexes“. Hätte die Rechtsschutzversicherung die angeblich fehlenden Erfolgsaussichten der Klageverfahren meines Kollegen (Vorprozesse) inhaltlich geprüft und wäre sie zu dem Ergebnis gelangt, dass sie die Erfolgsaussichten verneint, dann hätten die versicherten Mandanten einen Stichentscheid oder ein Schiedsgutachten zu den Erfolgsaussichten verlangen können und ´die Rechtsschutzversicherung wäre an deren Ergebnis gebunden gewesen. So aber ließ es die Rechtsschutzversicherung bei einer angeblich ungeprüften Deckungszusage. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Zur Aufgabe eines Rechtsanwaltes…

gehört es aber auch, bei zunächst nur gering erscheinenden Erfolgsaussichten, für seinen Mandanten zu kämpfen und auch darauf hinzuarbeiten, dass die Rechtsprechung mit guten Argumenten zu einer Änderung bewegt werden möge. Deshalb ist das Kriterium der „völligen Aussichtslosigkeit“, das die Rechtsschutzversicherung auch in diesem Prozess zu argumentieren versuchte, ein scharfes und zugleich zweischneidiges Schwert. Mein Kollege erhielt mit dem jüngst zugestellten und zwischenzeitlich auch veröffentlichten Urteil des Landgerichts Karlsruhe (Urteil vom 08.10.2021, Aktenzeichen 8 O 46/20, BeckRS 2021, 29849) Rückendeckung. Wie bereits die Richter der dritten (Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 24.07.2020, Aktenzeichen 3 O 13/19, BeckRS 2020, 17743) und der fünften Zivilkammer (Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 17.12.2020, Aktenzeichen 5 O 256/19, BeckRS 2020, 38730) wiesen nun auch die Richter der achten Zivilkammer die Klage der Rechtsschutzversicherung gegen meinen Kollegen ab.

nicht völlig aussichtslos…

Die Richter der achten Zivilkammer setzten sich in einer umfangreichen Urteilsbegründung mit den Erfolgsaussichten der Vorprozesse auseinander und kamen zu dem Ergebnis, wie schon die fünfte Zivilkammer, dass die von der Rechtsschutzversicherung reklamierte Prozessführung meines Kollegen nicht von vornherein und schon gar nicht völlig aussichtslos gewesen sei. Die Argumente hatten rechtliches Gewicht und hätten in den Vorprozessen nicht ohne weiteres von den Kölner Gerichten „vom Tisch gewischt“ werden dürfen. Eine späte Anerkennung für die Argumentation meines Kollegen in den Vorprozessen. Es bleibt abzuwarten, ob die klagende Rechtsschutzversicherung nun auch ihre jetzigen Rechtsanwälte in Regress nimmt. Die Vorgehensweise dieser Versicherung und dieser unsägliche „Regress-Reflex“ der Rechtsschutzversicherung ist ja auch den Kollegen Klägervertretern zwischenzeitlich bekannt.

Das Urteil der fünften Zivilkammer wurde von der Rechtsschutzversicherung in die Berufung zum Oberlandesgericht Karlsruhe getragen (Aktenzeichen OLG Karlsruhe 17 U 22/21); eine Entscheidung des Obergerichts steht noch aus. Auch gegen das Urteil der achten Zivilkammer kann die klagende Rechtsschutzversicherung noch in Berufung gehen – ob diese Berufung dann nicht von vornherein „völlig aussichtslos“ ist, wird sich zeigen.

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