Die Juragent-Mandanten sind von ihrem fehlgeschlagenen Investment bereits tief geläutert. Die Schadensersatzklagen gegen die Juragent…
BFO – Rundschreiben vom 18.12.2014
Der Verein BFO „Kommanditisten & Anlegerschutz e.V.“ mit Sitz in Bochum und Justiziariat in Berlin schreibt dieser Tage die Anleger der Juragent Prozesskostenfonds Kommanditgesellschaften erneut an. Mit dem Brief vom 18.12.2014 wird mitgeteilt, dass das in Auftrag gegebene versicherungsrechtliche Gutachten nun vorliege. Der interessierte Anleger bekommt das Gutachten aber erst ab Januar 2015 zu Gesicht gegen eine Kostenbeteiligung von „ca. 10,– EUR“.
Als Appetithappen wird aber gleichwohl in zwei Richtungen aus dem Gutachten zitiert. Einerseits läge das Problem bei der Haftung der Versicherung der damaligen Treuhänderin, der TREUKOMMERZ in der Frage, ob die steuerberatende Tätigkeit der Treuhänderin einen Umfang erreichte, der „das Kriterium des ‚wesentlichen Bestandteils‘ der vertraglich geschuldeten Pflichten der Versicherten (TREUKOMMERZ) erfüllte“. Das Schreiben von BFO vom 18.12.2014 zielt jedoch noch in eine weitere Richtung, nämlich die der damals an der Seite der TREUKOMMERZ beratend tätigen Rechtsanwälte, Dr. von Hartmann + Partner (Hannover).
Tatsächlich regelt § 13 des Treuhandvertrages z.B. im PKF II, dass „die im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Treuhänders auftretenden Rechtsfragen sowie sämtliche sonstigen Tätigkeiten, die ebenfalls unter das Rechtsberatungsgesetz fallen, ausschließlich von den Rechtsanwälten geprüft bzw. wahrgenommen (werden).“
Daraus konstruiert BFO eine Haftung der damals auf der Seite der Treuhänderin tätigen Rechtsanwälte. Die Konstruktion ist sehr kompliziert und trägt beim ersten Hinsehen nicht:
Ausgangspunkt für die Einschaltung einer Anwaltskanzlei in dem damaligen Treuhandvertrag waren die Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ging seinerzeit so weit, Treuhandverträge insgesamt als nichtig anzusehen, wenn der Treuhänder, der sehr häufig (nur) Steuerberater war, auch in dem Bereich der Rechtsberatung tätig wurde. Um dieses Risiko zu umgehen, wählte man seinerzeit augenscheinlich diese Variante, die Tätigkeiten nach dem Rechtsberatungsgesetzes auf eine (externe) Rechtsanwaltskanzlei zu delegieren.
Schutzpflichten zu Gunsten Dritter als Argumentation helfen nur dort weiter, wo sich aus dem Vertragsverhältnis zwischen der TREUKOMMERZ und den Rechtsanwälten eine Tätigkeit über den Pflichtenkreis der Treuhandvertrages hinaus – quasi in die Gesellschafterstellung hinein ergeben. Das erscheint uns schwer darstellbar. Denn ganz offensichtlich waren die Anwälte von Dr. von Hartmann und Partner nur im Treuhandvertrag tätig. Eine Schutzpflicht zu Gunsten der Anleger müsste sich damit aus dem Mandatsvertrag zur Treukommerz ergeben. Das erscheint uns sehr weit hergeholt, abgesehen von dem Umstand, dass die angebliche Pflichtverletzung dieser Anwälte darin bestehen soll, im Zusammenhang mit „schadensersatzpflichtigen Auskehrungen von Fondsvermögen an die Juragent AG“ gebotene Aufklärung gegenüber den Anlegern und der Treukommerz unterlassen zu haben.
Welche „Auskehrungen“ sind damit gemeint? Bekannt ist, dass seitens des PKF IV ein achtstelliger Betrag in die Schweiz transferiert wurde. Ob diese Anwaltskanzlei in genau diesen Transfer auch eingeschaltet war, ist uns nicht bekannt und wird auch in dem Schreiben vom 18.12.2014 nicht aufgeklärt. Auch ist nicht bekannt, ob überhaupt ein Anwaltsvertrag zwischen der TREUKOMMERZ und den Rechtsanwälten Dr. von Hartmann & Partner über den reinen Treuhandvertrag hinaus bestand.
Interessanter ist, dass angeblich die Verjährung gegen die genannten Rechtsanwälte noch später zu laufen begonnen habe, als bei der TREUKOMMERZ. Auf welchen Zeitpunkt hier abgestellt wird, behalten die Verfasser des Schreibens vom 18.12.2014 für sich. Wenn man aber auf den Vermögenstransfer seitens der Juragent AG in die Schweiz abstellt, so hilft ein Blick in die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 18.2.2009 (Aktenzeichen 3 Wi Js 3667/07):
Bereits im Januar 2008 hatte der damalige Vorstand der Juragent AG, Mirko Heinen, für die Juragent AG, den PKF IV und die Juragent Verwaltungs-GmbH einen Vertrag mit der UTRUM AG in der Schweiz (später „JuraSwiss S.A.“) abgeschlossen, wonach diese einen Teil der Pflichten der Juragent AG gegenüber dem PKF IV übernehmen solle gegen ein Honorar von 17 Millionen Euro. Tatsächlich transferiert wurden ca. 13 Millionen Euro. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin wurde der Vermögenstransfer in der Aufsichtsratssitzung der Juragent AG am 29.02.2008 „genehmigt“.
Rechtlich sehen wir keine Notwendigkeit zu einer „Ergänzung“ der Forderungsanmeldung, wie das nun „BFO“ dringend anrät. BFO war auch letztes Jahr kurz vor Weihnachten der Meinung, dass man möglichst noch vor Jahresende tätig werden müsse, weil Ansprüche zum Ende 2013 verjähren würden (wir berichteten). Nach Par. 174 Insolvenzordnung soll der Geschädigte seine Forderung beim Insolvenzverwalter anmelden und durch geeignete Urkunden nachweisen. Eine weitere Begründung bedarf es erst, wenn der Insolvenzverwalter die Forderung bestreitet und im Gerichtsverfahren um die Feststellung gestritten werden muss. Wem nutzt also die zusätzliche „Begründung“, dass die Forderung angeblich auch aus der Verletzung eines Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter resultierte (was wir rechtlich nicht nachvollziehen können)?
Unterstellt, der BFO-Verein hätte 3000 Mitglieder. Nur für Mitglieder darf der Verein diese Art von Rechtsdienstleistung erbringen (worauf auch im Schreiben hingewiesen wurde). Für das Jahr 2015 fallen erneut Mitgliedsbeiträge an von 199,00 Euro. Bei 3000 Mitgliedern ergäbe das eine Summe von 597.000 Euro. Unterstellt man weiter, dass dem BFO-Verein weitere 1500 Mitglieder beitreten würden, weil die Anleger unter dem Eindruck dieses Schreibens die Notwendigkeit dazu sähen, ergäbe das neben weiteren 199,00 Euro Jahresbeitrag noch 59,00 Euro Aufnahmegebühr pro Mitglied und das wären dann weitere 387.000 Euro. Zusammen wären das dann 984.000 Euro für 2015.
Da fallen die 10 Euro, die jedes Mitglied zu zahlen hat, wenn es ab Januar 2015 das „versicherungsrechtliche Gutachten“ in Kopie haben wollte, nicht mehr ernstlich ins Gewicht.