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Anwälte als „Abzocker“?

„Vorsicht, dubiose Anlegeranwälte“, titelt CAPITAL in der online-Ausgabe vom 08.08.2018. Die Kollegen, die den Stoff für solche Schlagzeilen liefern, schaden damit nicht nur dem gesamten Berufsstand, sondern auch ihren Mandanten.

„Quick and dirty“, nennen es die fachkundigen Kollegen, die mit Argwohn die Aktivitäten von selbsternannten „Anlegeranwälten“ beobachten. Ist ein Themenkomplex einmal (mehr oder weniger gründlich) aufbereitet kann es für die Anwälte wirtschaftlich interessant werden.

Die Arbeit ist „gemacht“ und wenn sich genügend Mandanten finden, dann lässt sich für den Anwalt daraus auch Geld verdienen. Daran ist zunächst nichts verwerfliches. Fragen kommen jedoch immer dann auf, wenn das Angebot der Anwälte nicht so recht zum Bedarf des Mandanten passen will. Wie in unserem Fall:

Ein langjähriger Mandant unserer Kanzlei wurde „plötzlich“ von einem „Anlegerschutzverein“ aus Jena angeschrieben. Der Anlegerschutzverein bot die kostenlose Rechtsberatung in einem Fall an und wollte dies durch einen „Stiftungsjuristen“ erledigen lassen. Was Anlegerschutzverein und Jurist zu erwähnen vergaßen: Der Jurist selbst war Gründungsvorsitzender und Initiator des „Anlegerschutzvereins“. Ebenso „übersahen“ die Akteure, dass im konkreten Fall, die Arbeit für den Mandanten bereits von uns erledigt worden war.

Über den „Anlegerschutzverein“ betrieb der Jurist quasi Werbung für die eigene Kanzlei. Verein und Kanzlei teilen sich noch heute eine Adresse.

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat eine solche Vorgehensweise scharf kritisiert: „Werden geschädigte Kapitalanleger von einer Verbraucherschutzorganisation in namentlich adressierten Schreiben zur Anforderung kostenloser und unverbindlicher anwaltlicher Informationen veranlasst, ohne dass die bestehende enge persönliche und organisatorische Zusammenarbeit zwischen dem Verbraucherverein und der Anwaltskanzlei, die die betreffenden Informationen erteilt, offengelegt wird, so liegt darin ein Verstoß gegen § 43b BRAO i.V.m. § 6 BORA und gleichzeitig gegen §§ 3 und 4 Nr. 11 UWG; denn in einem derartigen Fall bedient sich die Anwaltskanzlei offensichtlich des Verbrauchervereins zur Umgehung des Verbots der anwaltlichen Direktwerbung um Einzelmandate und stattet zu diesem Zweck den Verein mit allen relevanten Informationen, Namen und Adressen aus“ (OLG Köln, Urteil vom 15.06.2012, Az. 6 U 129/11)

Im fraglichen Fall wollte die „Anlegerschutzkanzlei“ einen Insolvenzverwalter durch ein „Güteverfahren“ dazu bewegen, Forderungen in einem laufenden Insolvenzverfahren festzustellen. Der Mandant zahlte neben dem Honorar für die „Anlegerschützer“ auch für die Gütestelle. Aus unserer Sicht sinnlos ausgegebenes Geld für ein offensichtlich ungeeignetes Verfahren.

Der Mandant erhielt noch weitere Werbeschreiben der Kanzlei. Unter anderem auch, weil er einen VW fährt und deswegen dazu bewogen werden sollte, im Zusammenhang mit „Diesel-Gate“ sein Autohaus und VW zu verklagen. Woher die Anlegerschutzkanzlei weiß, dass unser Mandant tatsächlich VW fährt, bleibt wohl im Dunkeln. Übersehen haben die Anlegerschützer nur, dass unser Mandant einen Benziner fährt!

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